Enzkreis Gesundheit von Flüchtlingen: Großes Interesse an Workshop des
Gesundheitsamts
Mittwoch, 18.01.2017, 11:36
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„Wir sehen immer öfter den Bedarf nach psychosozialer Unterstützung von Flüchtlingen“, sagt Angelika Edwards,
stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts.
Auf Grund der Erfahrungen im Zusammenhang mit der Flucht, körperlicher und sexueller Gewalt, lebensbedrohlichen Situationen, Trennung oder Verlust von
Familienmitgliedern und vielen weiteren Faktoren seien die Menschen häufig psychisch stark belastet. Auf große Resonanz stieß daher ein Workshop des Gesundheitsamts zur Unterstützung der mit den
Flüchtlingen Tätigen. Weitere solche Angebote sollen in den kommenden Monaten folgen.
Für den Auftakt konnten die Initiatorinnen des START-Programms gewonnen werden: Andrea Dixius, leitende Psychologin, und Prof. Dr. Eva Möhler, ärztliche Direktorin,
beide von den SHG Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Saarland. Das START-Programm bietet eine praktische Hilfestellung für Sozialarbeiter, Schulpsychologen, Psychotherapeuten, Ärzte
und andere Berufsgruppen, die mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen arbeiten.
„Die Häufigkeit für psychische Auffälligkeiten liegt bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zwischen 20 und 80 Prozent“, berichtet Dr. Janine Benson-Martin,
Psychiaterin beim Gesundheitsamt. Psychische Auffälligkeiten und Traumafolgestörungen seien dabei die Folge von extremen Belastungen. „Mit START sollen Kinder und Jugendliche im Rahmen einer
ersten Stabilisierung in ihrer emotionalen Not Hilfe bekommen, um zunächst akute emotionale Krisen überstehen zu können“, so Benson-Martin. Besonders wichtig seien dabei präventive Ansätze zur
Verbesserung der psychischen Gesundheit – dafür gebe es jedoch bislang kaum Vorbilder. Benson-Martin erarbeitet deshalb seit letztem Jahr zusammen mit der Universität Heidelberg ein Konzept;
erste Studienergebnisse liegen bereits vor.
Das Programm START unterstützt Kinder und Jugendliche unter professioneller Anleitung dabei, Fertigkeiten zur Stressregulation und Krisenbewältigung zu erlernen.
Diese können sie in Momenten starker emotionaler Anspannung anwenden, was rasch zu einer Besserung führt. „Aber auch präventiv werden Schutzfaktoren und Resilienz gefördert“, erläutert Dr.
Benson-Martin. „Einem Abgleiten in schwere Depressionen oder in andere Störungen, die aus der Verdrängung massivster Traumata resultieren können, kann so vorgebeugt werden“.
In den START-Modulen 1 bis 4 werden vor allem Übungen zum Umgang mit Stress, zur Selbstberuhigung und Achtsamkeit sowie zur bewussten Wahrnehmung von positiven
Ereignissen und Gefühlen gefördert. Im fünften Modul wird zudem der Umgang mit Alpträumen aufgegriffen. „Es hat sich zudem gezeigt, dass das Programm auch bei belasteten Kindern und Jugendlichen
ohne Migrationshintergrund sehr gut wirkt“, wie Benson-Martin berichtet. Weitere Informationen zu dem Programm finden sich unter https://berzen.jimdo.com/start/.
„Wir wollen in diesem Jahr gezielt den Aufbau präventiver gesundheitsfördernder Angebote fördern und dabei alle beteiligten regionalen Akteure einbeziehen“, betont
Angelika Edwards. Um diese zu unterstützen, bietet das Gesundheitsamt weitere Workshops an. Der nächste hat „Trauma tapping“ zum Thema, ein einfaches Handwerkzeug, das sowohl traumatisierte
Menschen für sich selbst erlernen können als auch diejenigen, die mit ihnen arbeiten.
FOCUS NWMI-OFF/Landratsamt Enzkreis
LINKS
http://www.burgnordeck.de/unser_konzept/
proLiberi gGmbH
Burg Nordeck
Otto-Erdmann-Straße 6
35469 Allendorf/Lumda
Die Jugendhilfeeinrichtung Burg Nordec bietet START als konzeptionelles Angebot an.
•ProvidingOnlineRessourceandTraumaAssessmentforRefugees (PORTA) - Ein internetbasiertes Tool zur
Belastungseinschätzung und Interventionsplanung bei minderjährigen Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung
•Ziel:unkomplizierte, schnelle Erfassung einzelner Belastungsfaktoren, denen minderjährige Flüchtlinge ausgesetzt waren und sind, sowie eine schnelle
und angemessene Interventionsplanung
•Belastungsscreening sowohl durch Mitarbeiter in der
Flüchtlingshilfe (Ehrenamtlich, Ärzte, Therapeuten, Lehrer, Jugendhilfe etc.), Bezugspersonen (Eltern, Geschwister etc.) als auch durch die Kinder und Jugendlichen selbst
SHELTER
An der KJPP Ulm werden im Projekt SHELTER Online-Kurse zum Umgang mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen für Fachkräfte und Ehrenamtliche entwickelt und evaluiert. In der Entwicklungszeit
können diese Kurse kostenlos angeboten werden. Registrierung läuft noch bis zum 18.06.2018.
Um mehr potentielle Interessenten zu erreichen hat das Projekt SHELTER nun auch einen Facebook-Auftritt:https://www.facebook.com/SHELTERelearning
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